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Interview mit dem Start-up DIGI-EP

“Die Start-up- Gründung ähnelt dem Sportstudium.”

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© CET | TU Dortmund

Erfahren Sie im Interview mit Jonas Grünewald, wie er mit seinem Start-up DIGI-EP die Erlebnispädagogik verändern und Sozialarbeiter*innen in Schulen entlasten will.

Stell dich und deine Idee bitte einmal den Leser*innen vor! 

Jonas: Hi, ich bin Jonas. Ich habe ursprünglich an der Sporthochschule in Köln studiert und war danach sechs Jahre lang Erlebnispädagoge. Über einen kleinen Umweg bin ich dann in einem Start-up gelandet, in dem wir Daten zu Fußballspielen analysiert haben, so bin ich ins IT-Projektmanagement gekommen. Dort arbeite ich jetzt schon seit vier Jahren und habe dadurch auch die Möglichkeit bekommen, meine eigene Start-up- Idee umzusetzen. Mit meinem Start-up DIGI-EP möchte ich die Erlebnispädagogik digitalisieren und meine Erfahrungen aus der Praxis ins Digitale übersetzen. Dafür entwickle ich aktuell ein paar digitale Herausforderungen, die Kinder im Unterricht oder auch zusammen mit Schulsozialarbeiter*innen durchlaufen können, um ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Die Software gibt den Betreuungspersonen zudem den Raum für Beziehungsarbeit und Auswertungen im Nachgang ermöglichen ihnen die Kinder langfristig besser zu fördern.

 

Was macht man genau als Erlebnispädagoge? 

Jonas: In der Regel sind es die Klassenfahrten, auf denen man als Erlebnispädagoge arbeitet. Bei mir war das zum Beispiel so: Die Schule fährt in eine Jugendherberge und ist dann meist eineinhalb bis drei Tage auf Klassenfahrt. Ich bin dann als externer Dienstleister dazugekommen, habe mit den Kindern vor Ort das Programm durchgeführt und habe sie vor verschiedene Herausforderungen gestellt, die sie dann als Gruppe lösen mussten. Als Erlebnispädagoge moderiere und begleite ich diesen Prozess und reflektiere die Ergebnisse am Ende mit der gesamten Gruppe.

 

Wie möchtest Du mit DIGI-EP die Erlebnispädagogik digitalisieren? 

Jonas: Ich baue die Herausforderungen, die ich analog auf den Klassenfahrten durchgeführt habe, digital nach. Dies hat den Vorteil, dass ich die Möglichkeit habe, jeden einzelnen Klick von den Kindern auszuwerten und dadurch für jedes Kind individuell Feedback geben kann. In einer 1:30-Betreuung auf einer Klassenfahrt ist es dagegen kaum möglich auf jedes Kind einzugehen. So können die Kinder gefordert werden, ohne sie zu überfordern und für jedes Kind kann eine Reflektion erstellt werden, passend zu seinem Persönlichkeitstyp. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Erlebnispädagogik in der Regel relativ teuer ist. Auf Klassenfahrten zahlt man die Unterkunft, die Verpflegung, die Fahrt und den externen Dienstleister, der das Programm durchführt. Da ist man schnell bei 140€ pro Kind für eineinhalb Tage und das ist zu viel Geld, um es öfter als einmal durchzuführen. Die positiven Effekte von der Klassenfahrt gehen oft schnell wieder verloren, weil die Wiederholungen fehlen. Durch die Digitalisierung ist die Erlebnispädagogik deutlich preiswerter, sodass mehr Wiederholungen möglich sind. Dies soll jedoch die Klassenfahrt nicht ersetzen, weil man nicht alles digital abbilden kann, wie zum Beispiel Vertrauensübungen, bei denen sich die Kinder gegenseitig hochheben oder das Klettern oder Abseilen an Felsen. Allerdings können die Denkmuster, die Reflektionen, die Prozesse für die Problemlösungsfindung und die Kommunikation zwischen den Kindern in den digitalen Herausforderungen reproduziert werden. So kann zum einen eine Klassenfahrt vorbereitet werden, um die knappe Zeit vor Ort intensiver nutzen zu können. Zum anderen können die Lernerfahrungen digital wiederholt und gefestigt werden.

 

Welche Vision verfolgst du mit Digi-EP? 

Jonas: Letztendlich ist das Ziel, Lehrkräfte und vor allem die Schulsozialarbeit zu entlasten und die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder deutlich besser zu unterstützen. Ich hatte vor Kurzem ein spannendes Gespräch mit einem Schulsozialarbeiter. Er ist an einer Schule allein für etwa 2000 Kinder zuständig. An einem guten Tag schafft er es, Einzelgespräche mit zwei bis vier Kindern zu führen. Wenn man dies hochrechnet, abzüglich von Wochenenden, Feiertagen und Ferien hat er ungefähr 200 Arbeitstage im Jahr. Wenn er jeden Tag mit vier Kindern einzeln spricht, schafft er in einem Jahr 800 von 2000. Diese konnte er dann aber auch nur einmal betreuen, keinem Kind wirklich helfen und für 1200 Kinder war überhaupt keine Zeit. Das ist leider an sehr vielen Schulen der Fall. Dementsprechend ist meine Lösung eine Möglichkeit, die Schulsozialarbeiter*innen zu unterstützen. Beispielsweise in spontanen Vertretungsstunden können Lehrkräfte ohne Vorbereitung sinnvoll mit den Kindern arbeiten. In den Auswertungen fallen dann vielleicht Punkte auf, an denen die Schulsozialarbeit präventiv mit der Klasse arbeiten kann, bevor ein großer Konflikt entsteht. Damit könnte die Schulsozialarbeit entlastet werden, weil diese leider oft erst reaktiv in die Klasse kommt, wenn es schon geknallt hat und es deutlich schwieriger ist, diese Konflikte wieder zu lösen.

 

Ist DIGI-EP für jedes Alter und jede Klasse geeignet?

Jonas: Meine Zielgruppe ist die fünfte bis siebte Klasse, weil ich diese am besten durch die Klassenfahrten kenne. Aber DIGI-EP ist flexibel einsetzbar, denn ich habe meinen Proof of Concept schon mit einem Zweitklässler, aber auch mit verschiedenen Erwachsenen getestet. Diese machen genau dieselben Fehlerbilder und haben dieselben Denkmuster, Erwachsene sind nur ein bisschen schneller bei der Bearbeitung. Also, während Erwachsene ungefähr 10 - 20 Minuten pro Herausforderung brauchen, brauchen Fünftklässler ungefähr 15 - 25 Minuten.

 

Was ist denn aktuell deine größte Herausforderung? 

Jonas: Primär tatsächlich die Arbeitszeit, weil ich alleine gründe und parallel dazu noch Teilzeit in einem IT-Unternehmen arbeite. Ich plane aber, ab April Vollzeit in meinem Start-up zu arbeiten. Ansonsten ist eine weitere Herausforderung, dass mein Start-up viel Aufklärung beim Kunden bedarf. Viele Entscheidungsträger denken, dass Erlebnispädagogik nicht digital durchführbar ist, weil das Herzstück davon eigentlich ist, draußen in der Natur zu sein. Hier muss ich sehr viel kommunizieren, um aufzuzeigen, wie viel digital durchführbar ist. Natürlich kann ich eine Klassenfahrt nicht 100% ersetzen, aber ich kann sie sinnvoll ergänzen. 

 

Das bedeutet, du gehst immer selbst auf potenzielle Kunden zu? 

Jonas: Genau, die letzten Monate bestanden hauptsächlich aus Kaltakquise. Ich habe etwa 60 Schulen angeschrieben, und plane mit fünf davon aktuell einen Termin für ein Pilotprojekt im März. Ansonsten versuche ich mich öffentlich zu positionieren, so dass Lehrkräfte auf mich aufmerksam werden. Generell versuche ich möglichst viele Leute kennen zu lernen, die dann als Multiplikatoren dienen und mich mit verschiedenen Schulen vernetzen könnten. Beispielsweise habe ich es geschafft, dass ich im Sommersemester in der Lehre von der Deutschen Sporthochschule Köln einen Vortrag halten werde. So kann ich zukünftige Lehrkräfte direkt auf digitale Erlebnispädagogik hinweisen. Außerdem möchte ich Fortbildungen für Lehrkräfte anbieten, um ihnen aufzuzeigen, was Erlebnispädagogik allgemein ist und wie sich die traditionelle Variante von der Digitalen unterscheidet. So versuche ich mir immer mehr Kanäle zu eröffnen, auf denen ich diese neue Kategorie "digitale Erlebnispädagogik" erklären kann. 

 

Du nimmst an dem Inkubatorprogramm cetup.INNOLAB teil. Was war denn bisher das Wichtigste, was du aus dem INNOLAB mitnehmen konntest? 

Jonas: Das waren eher viele kleine Punkte und nicht ein großer, weil ich schon relativ viel Vorerfahrung habe. Ich habe 2018 - 2020 in einem Start-up gearbeitet und habe in der Zeit auch schon angefangen viele Gründungspodcasts zu hören. Das sind jetzt schon zwei Jahre Input, den ich mir schon angeeignet habe. Außerdem konnte ich mir im letzten Jahr ein großes Netzwerk auf verschiedenen Gründungsveranstaltungen aufbauen. Trotzdem konnte ich bei den INNOLAB Workshops immer wieder von den Experten in den einzelnen Bereichen dazulernen. 

 

Was war dein größtes Learning während des Gründungsprozesses? 

Jonas: Ich würde sagen, dass eine Start-up-Gründung dem Prozess ähnelt, den wir im Sportstudium gelebt haben. Während des Sportstudiums habe ich gelernt, jeder beliebigen Gruppe von Menschen jede beliebige Sportart beizubringen. Dafür macht man am Anfang eine Bestandsanalyse und versucht daraus abzuleiten in welchen Schritten man an das Ziel kommt, an welchen Punkten man Unterstützung oder Hilfsmittel braucht, um dann Teilbewegungen zu üben, sie miteinander zu verbinden in einem iterativen Prozess am Gesamtergebnis zu feilen. Alleine daran sieht man schon die Parallelen zur Gründung. Während meiner Gründung habe ich auch zuerst geschaut welche Voraussetzungen ich habe, dann habe ich mir in manchen Bereichen die notwendige Hilfe von außerhalb geholt in Form von Coaches, Mentor*innen oder auch Podcasts. So habe ich immer wieder kleine Punkte gelernt, an denen ich ansetzen konnte und bin so über die letzten Jahre organisch mit dem ganzen Prozess gewachsen. 

 

Danke dir für das Interview. Wir wünschen dir und deinem Start-up alles Gute für die Zukunft! 

 

Jonas Grünewald sucht für sein Start-up strategische Partner und neue Mitarbeiter*innen. Falls Sie Interesse an einer Kooperation mit ihm oder an einem Job in seinem Start-up haben, melden Sie sich unter: jonas.gruenewald@digiep.com 

 

 

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Das Start-up-Team lodomo nimmt am Inkubatorprogramm cetup.INNOLAB des CET teil. In den Start-up-Programmen des CET werden Gründungsinteressierte und Gründende besonders intensiv geschult und begleitet. Zum CET-Portfolio gehören mehrere Angebote, die sich an den unterschiedlichen Schritten eines typischen Gründungsprozesses orientieren oder aber spezielle Themen im Fokus haben.

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